Calvin
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Faszination - Emotion - Sensation
Am Sonntag 26. Juli 2016 begannen vier belorussische Holzschnitzer damit, aus vier alten Eichen Figuren der Reformationsgeschichte zu schnitzen. Die Figuren (Calvin, Luther, Hirte, Postmoderne) wurden 2016 in Nonnenroth und in der Kernstadt Hungen dauerhaft aufgestellt. Folgende Standorte wurden ausgewählt: Calvin: (Adresse: 35410 Hungen, Kirchberg 1) Hier stand ehemals das Rathaus des Dorfes. Martin Luther hat seinen Standort außerhalb der Kirchenmauer Richtung drei Teiche. (Adresse: Hungen – Kirchberg 11) Die Skulptur: Der Postmoderne findet man Hungen- Am Steinern Kreuz 6. Die Hirtenfigur findet man in Hungen am Festplatz gegenüber der Stadthalle, direkt am Lutherweg. Die Idee und künstlerische Leitung der Aktion hatte Pfarrer Hartmut Lemp. Da damit zu rechnen war und ist, dass die den Figuren beigegebenen Attribute einen diskursiven Prozess auslösen würden und werden, hat in den Kirchenvorständen vor der Aktion ein längerer Diskussionsprozess stattgefunden. Den Prozess und das Ergebnis verantworten die Kirchenvorstände/Presbyterien einmütig. Die Aktion wurde künstlerisch begleitet von Mattes von Oberhessen. Die Enthüllung der Figuren fand in einem Gottesdienst am 3. Juli statt. Ausschließlich zu diesem Zeitpunkt waren alle vier Figuren mit- und nebeneineinander zu sehen.
In allen Figuren dieser Veranstaltung der Evangelisch reformierten Kirchengemeinde Nonnenroth sollt das große Thema der Reformation zum Ausdruck kommen: Freiheit – aber auch die Gefährdung von Freiheit. Daher stand die gesamte Veranstaltung innerhalb des mittelhessischen Kultursommers unter dem Thema: Traum von Freiheit.
Alle Figuren sollen zum Ausdruck bringen, dass Reformation nicht ein Geschehen in der Geschichte ist, sondern dass die Auswirkungen spürbar sind bis in die Moderne und Postmoderne:
Die zweite Figur: Der Franzose Johannes Calvin (Standort: 35410 Hungen Nonnenroth – Kirchberg 1) war neben Luther einer der bedeutendsten Reformatoren. Er hat das Reformationswerk Luthers weitergeführt und dem Protestantismus in Westeuropa zum Durchbruch verholfen. 25 Jahre lang war er evangelischer Pfarrer in Genf. Mehrere tausend Briefe sind von ihm erhalten, mit denen er die Reformation in ganz Europa unterstützte. Außerdem hat er weit über 100 Schriften und Bücher verfasst, die schon zu Lebzeiten in viele Sprachen übersetzt wurden. Zeitweise war er sogar der meistgelesene Autor des 16. Jahrhunderts. Durch die 1559 von Calvin begründete Akademie wurde Genf zu einem Bildungsschwerpunkt des reformierten Protestantismus, der heute weltweit etwa 80 Millionen Mitglieder in 107 Ländern umfasst. Als Martin Luther 1521, die ‚Kurze Hesse‘ nutzend, durch Nonnenroth zog, hatte er soeben die Grenze von der Grafschaft Solms Lich/Laubach nach Solms Braunfels überschritten. Im Gegensatz zum Licher Grafenhaus, standen die Braunfelser Grafen schon zu Beginn der reformatorischen Bewegung wohlwollend gegenüber. Über das Studium in Straßburg lernt Graf Philipp zu Solms Braunfels die reformierte Theologie Calvins kennen. Als in der Frühzeit der Reformation in der benachbarten Grafschaft die neue Lehre noch bekämpft wurde, fand diese im Solms Braunfelser Gebiet bereits viele Anhänger. Bis heute ist daher Nonnenroth und Villingen sowie zahleiche benachbarte Gemeinden in der ehemals Solms Braunfelser Grafschaft evangelisch reformiert (!) und nicht lutherisch.
Seit Max Webers Schrift von 1904 „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ hält sich die Diskussion – (vielleicht kann man auch sagen – hält sich das Gerücht), dass die Reformation, die von Genf ausging, in besonderer Weise ein Wegbereiter des Kapitalismus gewesen sei. In einer sehr komplexen Argumentation führt Weber aus, dass zwischen Wirtschaftshandeln und religiöser Ethik „Wahlverwandtschaften" bestehen können, die „zwischen gewissen Formen des religiösen Glaubens und der Berufsethik erkennbar sind".
In einer Welt und in einer Zeit, in der ‚die Schere zwischen arm und reich‘ immer weiter aufgeht, wollen wir mit dieser Figur darauf aufmerksam machen, ‚dass Eigentum verpflichtet‘ und eine Wertedebatte immer auch von der Kirche in die Gesellschaft hinein geführt werden muss!
Als Markenzeichen für einen dekadenten Kapitalismus haben wir die Schnitzer gebeten dem Reformator Calvin eine Rolex an die linke Hand zu schnitzen. Und erstmals wird Calvin gleich mit zwei Büchern dargestellt. Damit soll die Bedeutung von Bildung und Religion dargestellt werden. Sie sind untrennbar miteinander verbunden. Wer das eine über das andere stellt, verlässt den Weg der Reformation.
Die Figur wurde entworfen und geschnitzt von Mikalai Hryshakou, geb. 1953. Idee: Pfarrer Hartmut Lemp
Mehr Bilder von den Figuren und der Erstellung gibt es hier>>>